Lebensgeschichten
Sr. Mechthild - Ein Rückblick zum 90. Geburtstag
von Sr. M. Renate Becker
Ein weiterer besonderer Anlass zum Feiern war der 90.Geburtstag von Schwester Mechthild, den sie Ende Oktober zunächst im Kreise ihrer großen Familie im Mutterhaus beging. Schwester Mechthild ist nicht besonders groß und zierlich, aber mit gerader fester Haltung.
Sie trat 1952 mit 29 Jahren in unseren Orden ein, nachdem sie hier im Krankenhaus Marienhof als Patientin gelegen hatte und sich zu diesem Leben hingezogen fühlte. Zunächst erlernte sie den Beruf der Krankenschwester und war in der stationären Pflege tätig, sowie in einem Fürsorgeheim. Nach einer weiteren Ausbildung zur Unterrichtsschwester unterrichtete sie einige Jahre, bevor sie Ende der 70er Jahre die Leitung der Krankenpflegeschule im Marienhof übernahm. Hier lernte sie Dr. P. Becker (Gründer der Internationalen Gesellschaft für Sterbebegleitung und Lebensbeistand – kurz IGSL) kennen. Von ihm erhielt sie den ersten Anstoß, sich besonders um Schwerkranke und Sterbende zu kümmern.
Sterbebegleitung war bis dahin nur Aufgabe von Ordensleuten gewesen. Sr. Mechthild baute dieses Fach in den Lehrplan ihrer Schüler und Schülerinnen ein und konnte ihr Anliegen überzeugend darstellen. Sie stieß auf positive Resonanz bei den Lernenden, erhielt aber bald die Rückmeldung, dass im Krankenhausalltag kaum Zeit für diese Art der Betreuung sei. Daraufhin reifte in ihr der Plan, sich mit dem Thema „Hospiz“ näher zu befassen. Sie ging zu diesbezüglichen Seminaren, Fortbildungen, Vorträgen und unternahm eine Studienreise nach England, von wo der Hospizgedanke nach Deutschland gekommen war.
Als sie 1990 mit 65 Jahren die Schulleitung abgab, wusste sie schon einiges über ambulante Hospizarbeit und arbeitete sich nun in die stationäre Hospizarbeit ein. Sie ging zunächst nach Recklinghausen, wo es das erste Hospiz in Deutschland (gegründet 1987) gab, später in einem Hospiz in Köln. Ausgerüstet mit dem dort erworbenen„Know How“ versuchte sie dann die Idee „Hospiz“ nach Koblenz zu bringen. Zuerst besuchte sie sehr alte Menschen und Schwerstkranke zu Hause, um zu vermeiden, dass diese Menschen zum Sterben ins Krankenhaus abgeschoben wurden. Gleichzeitig hielt sie viele Vorträge vor Vereinen aller Art und jeder Form von Öffentlichkeit. Sie traf immer wieder auf wichtige Personen aus Politik, Wirtschaft, Sozialinstitutionen und Presse, die sie von ihrer Idee überzeugen und dafür begeistern konnte. Auch fand sie schnell ehrenamtliche Helfer und Helferinnen und vor allem Spender, die von der guten Sache überzeugt waren und sie unterstützten. So konnte schon am 27. Juni 1991 der Koblenzer Hospizverein gegründet werden. Dieser wuchs schnell durch vielfältige Öffentlichkeitsarbeit.
Sr. Mechthild in der Suppenküche
Als Schwester Mechthild nach 5 Jahren die Leitung des Vereins hauptamtlich an eine geeignete Mitarbeiterin übergeben konnte – sie blieb Ehrenvorsitzende – unterstützte sie anschließend 4 Jahre den Wiesbadener Hospizverein mit ihrer Arbeit.
Im Jahr 2000, nun 78 jährig, zog sie sich ins Mutterhaus zurück, wo sie die Armenspeisung übernahm, sich um Obdachlose kümmerte, sowie zahlreiche Aktionen mit Kleider- und Sachspenden für Kosovo, Rumänien, Bolivien usw. unterstützte.
2006 erhielt sie die Landesverdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz für die Vorreiterrolle des Hospizvereins in diesem Bundesland.
2012 erhielt sie die Ehrennadel der Stadt Koblenz für ihre vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten. Sogar der SWF drehte einen kleinen Film über sie in ihrer Tätigkeit.
Bis heute ist sie dem Hospizverein verbunden. So richtete dieser seiner Ehrenvorsitzenden am 03. November eine Matinee zum 90. Geburtstag aus und alle, alle, die konnten, kamen: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Hospizes, Helfer und Förderer der Anfänge bis heute, Mitglieder ihrer Familie, die sie ebenfalls bei ihrer Arbeit immer unterstützten, und ihre Mitschwestern aus dem Mutterhaus.